Die Schattenseite des Sonnenscheins

Ende Juni herrscht am Niederrhein schönstes Sommerwetter mit sehr viel Sonnenschein. Allein am Wochenende zum Monatswechsel scheint an drei Tagen die Sonne mehr als 45 Stunden. Das ist mehr als in einem durchschnittlichen Dezember und etwa so viel wie im November oder Januar. Neben der wolkenlosen Witterung spielen bei dem Vergleich natürlich die deutlich längeren Tage im Sommer eine Rolle.

Am Niederrhein führt eine stabile Wetterlage im Frühsommer 2018 zu viel Sonnenschein, aber auch zu Dürre. Ohne Regen leiden Pflanzen unter Trockenstress. Nicht nur die Landwirtschafts ist alamiert.

Die Schattenseite des Sonnenscheins ist die zunehmende Trockenheit. Die Pflanzen im Kreis Viersen leiden unter wachsendem Trockenstress: In den Parks und Gärten sind erste Rasenflächen vertrocknet und manche Sträucher lassen die Blätter hängen. Gießen hilft, ist aber nicht flächendeckend möglich. Bäumen sieht man es oft nicht direkt an, aber auch sie leiden. Zum Schutz vor Austrocknung schließen sie wie alle Pflanzen die Porenöffnungen (Stomata) in den Blättern, stellen damit aber gleichzeitig die Photosynthese ein. Um bis zu 90% kann so der Wasserverbrauch der Pflanze reduziert werden. Energietanken kann die Pflanze dann trotz Sonnenschein aber nicht. Bei zunehmendem Wassermangel erschlaffen die Zellen und damit die Blätter, Stängel und Co, bis die Pflanze letztlich vertrocknet und stirbt. So schön der anhaltende Sonnenschein ist, die Pflanzenwelt am Niederrhein ist nicht gut an derartige Wetterlagen angepasst.

Entsprechend spitzt sich die Lage auch in der Landwirtschaft zu. Vielerorts läuft die Bewässerung auf Hochtouren. Ernteeinbußen drohen. Mit der Getreideernte wurde besonders im Nordosten Deutschlands früher begonnen als je zuvor, denn auch der April und Mai waren außergewöhnlich warm. Dadurch ist das Getreide zu früh ausgereift. Gepaart mit der Trockenheit bleibt nur noch die Noternte. Auch die Forstwirtschaft ist betroffen. Die Waldbrandgefahr ist besonders in den Wäldern im Westkreis unverändert hoch. Seit Tagen besteht die zweithöchste Warnstufe „hohe Gefahr“ und eine Entspannung ist vorerst nicht in Sicht. Die Wetterlage ist schließlich sehr stabil, so dass insgesamt über einen Zeitraum von zwei Wochen nicht mit Regen zu rechnen ist.

Derart stabile Wetterlagen sind für Westeuropa eher ungewöhnlich. Typischerweise ziehen abwechselnd Hoch- und Tiefdruckgebiete von Westen über Deutschland und bringen regelmäßig Regen. Klimaszenarien und jüngere Wetterbeobachtungen haben schon seit einigen Jahren darauf hingedeutet, dass sich stabile Wetterlagen in Europa häufen werden. Durch den Klimawandel geraten also auch althergebrachte Muster aus den Fugen. Insgesamt wärmere und trockenere Sommer waren ohnehin für Deutschland prognostiziert worden. Allein die erste Hälfte des Jahres 2018 ist im Kreis Viersen geprägt von herausragenden Wettereignissen und Extremen: Im Januar Verwüstungen durch Sturm Friederike, dann ein Kälteeinbruch im Februar, im Mai ein Tornado (!) der Kategorie F2, Rekordtemperaturen in den insgesamt trockenen Monaten April und Mai und auch daher ernsthafte Trockenheit im Juni. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Witterung in der zweiten Jahreshälfte normalisiert.

Aber schlimmer geht immer: Im Oman wurde am 26. Juni ein neuer globaler Temperaturrekord aufgestellt: 42,6° Celsius. Klingt gar nicht so dramatisch? Am Tag waren es auch knapp 50° Celsius – der Rekord bezieht sich nämlich auf die MINIMUM-Temperatur innerhalb von 24 Stunden! Na dann „Gute Nacht“.